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15. März 2013 - Tips zum Anweiden im Frühjahr


Der Frühling steht vor der Tür und damit auch wieder die Umstellung auf Weidegang. Leider ist dies auch immer wieder die Zeit von vermehrtem Auftreten von Koliken, Hufrehe und anderen damit verbundenen Erkrankungen. Nachfolgend einige Erklärungen und Tipps, um die Umstellung Ihrer Pferde auf Weidehaltung sicher anzugehen :

 

A. Die Umstellung von rohfaserreicher Winterfütterung auf rohfaserarme, leichtverdauliche Grasaufnahme: Die Verdauung des Pferdes basiert zum grössten Teil auf der mikrobiellen Tätigkeit im Dickdarm. Die Dickdarmflora (Zusammensetzung aus Bakterien und Protozoen) passt sich der Nahrung an. Bei einem abrupten Wechsel der Nahrung ist die Flora überfordert, vor allem wenn leichter verdauliches Substrat vorgesetzt wird, dabei kann es zu einer Überwucherung ungesunder Bakterien kommen, was zu Durchfall, Blähungen und Kolik führen kann. Als Daumenregel gilt, dass die Flora ca 14 Tage zur Anpassung an das neue Substrat braucht, dh das Anweiden sollte ganz allmählich über einen Zeitraum von mind 14 Tagen erfolgen. Je nach Fressgeschwindigkeit kann dies bedeuten, dass das Pferd in den ersten

3-4 Tagen jeweils eine Vierteilstunde Gras fressen darf mit anschliessender Steigerung der Fresszeiten während der folgenden 10 Tagen, wobei immer darauf geachtet werden sollte, ob Durchfall oder Blähungen auftreten. In diesem Fall muss die Fresszeit wieder reduziert werden.

 

B. Die Bedeutung von NSC (Fruktane): Mit den ersten Sonnenstrahlen und wärmeren Temperaturen beginnt das Gras, das sich im „Winterschlaf“ befunden hat, zu
wachsen. Ein wichtiger Bestandteil des wachsenden Grases sind die unstrukturierten Kohlenhydrate (non-structural carbohydrates, NSC), das heisst, die Zucker- und Stärke-Bestandteile (Fruktane) in der Graspflanze. Die neueste Forschung hat er geben, dass diese NSC, und nicht wie früher angenommen die Eiweisse, verantwortlich sind für die gefürchteten Erkrankungen im Zusammenhang mit Grasfütterung. Wenn ein Pferd auf Weidehaltung umgestellt wird, ist es deshalb ausserordentlich
wichtig, den Verlauf des NSC Gehaltes des Grases zu kennen.

 

Folgende Facts sind aufgrund der aktuellsten Forschung bekannt:

 

  • Der NSC Gehalt im Weidegras ist am Abend am tiefsten und mittags am höchsten. Aus diesem Grund ist es am besten, die Pferde nachts weiden zu lassen und im Lauf des Morgens wieder aufzustallen.

 

  • Das allererste Frühlingsgras in den ersten 2-3 Wochen des Wachstums enthält am meisten NSC. Mit zunehmender Reifung des Grases nimmt der Rohfasergehalt zu und die NSC Konzentration ab. Beim Eintreten der Blüte nimmt daher das Risiko wie der ab. Je nach Pflanzenart, Weidemanagement (Düngung), Wetter und geografischer Lokalisation dauert die Pflanzenreifung unterschiedlich lange.

 

  • Entgegen weitläufiger Meinung kann ein Mangel an Dünger und Wasser den NSC Gehalt des (gestressten) Grases erhöhen- somit kann eine „extensive Weide“ eine grössere Gefahr darstellen als eine sorgfältig gedüngte und bewässerte Weide!

 

  • Untersuchungen in England haben gezeigt, dass die Grasaufnahme von Pferden und Ponies mit Hilfe eines Weidemaulkorbes (zBsp. GreenguardR) um 80% reduziert werden kann. Aus diesem Grund ist es sehr zu empfehlen, denjenigen Tieren, die abrupt umgestellt werden, während mind 2-3 Wochen einen solchen Maulkorb anzuziehen. Wenn das Gras zur Blüte ausgereift hat, kann allenfalls der Maulkorb wieder abgenommen werden.

 

  • Pferde und Ponies mit Tendenz zu Übergewicht sind anfällig für Hufrehe und Insulinresistenz (Equines Metabolisches Syndrom EMS). Solche Tiere dürfen im Frühjahr nicht oder nur äusserst kontrolliert auf die Weide gelassen werden. Sie sollten in erster Linie mit spät geschnittenem Heu, ev kombiniert mit Stroh, gefüttert werden. Eine Untersuchung des Heu auf den NSC Gehalt kann dabei hilfreich sein.

 

Schlussfolgerungen:


1. Der Nährzustand (Body Condition Score, BSC) und das Gewicht des Pferdes sollte konstant überprüft werden. Eine Insulinresistenz (EMS) kann anhand der typischen Fettablagerungen im Mähnenkamm („Speckhals“), Schultern, Lendenbereich und Schweifbasis recht einfach erkannt werden.

 

2. Regelmässige Arbeit reduziert die Insulinresistenz und ist die einfachere Massnahme zur Gewichtsreduktion als diätetische Massnahmen.

 

3. Das Anweiden muss über einen Zeitraum von mind. 14 Tagen erfolgen.

 

4. Pferde und Ponies mit Anzeichen von EMS (Insulinresistenz) bzw Anfälligkeit für Hufrehe dürfen nur sehr eingeschränkt (wenn überhaupt) auf die Frühlingsweide
gelassen werden. Eine Kontrolle der Grasaufnahme erfolgt entweder durch zeitliche Beschränkung oder Anlegen eines Weide-Maulkorbes.

 

5. Während der Anweidephase Kraftfutter weglassen oder stark einschränken. Statt dessen VOR dem Weidegang Heu und Stroh anbieten, damit ein gewisses Sättigungsgefühl vorhanden ist und die Dickdarmflora normal funktionieren kann.

 

Dies alles sollte es uns ermöglichen, mit den Pferden zusammen die wunderschöne Frühlingszeit geniessen zu können!


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Tips zum Anweiden im Frühjahr
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