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26. Februar 2015 - Beinfehlstellung bei Fohlen von Dr. med. vet. Verena Bracher
Fohlen bestehen ja bei der Geburt beinahe nur aus Beinen. Eine korrekte Stellung der Beine im weiteren Wachstum ist nicht nur wichtige Grundvoraussetzung für eine spätere athletische Karriere sondern auch zur Verhinderung von Folgeschäden (Arthrosen, Sehnenerkrankungen bei Fehlstellungen). Deshalb wird bei der ersten Untersuchung eines Fohlens nach der Geburt immer auch die Stellung der Beine gut angeschaut:
Durchtrittigkeit (Laxizität der Beugesehnen, das Fohlen läuft auf den Ballen, manchmal mit der Zehe in der Luft) sieht man vor allem an den Hinterbeinen sehr oft bei den neugeborenen Fohlen und ist in den allermeisten Fällen kein Problem, sondern wächst sich in den folgenden Tagen schnell aus. Wichtig ist allerdings, darauf zu achten, ob der Fesselkopf so stark durchgedrückt wird, dass er den Boden berührt-dann muss man aufpassen, dass das Fohlen nur auf weichem Boden (Einstreu oder weicher Wiesenboden) steht, damit die Haut nicht abgeschürft wird.
Umgekehrt gibt es auch Stelzfüsse („zu kurze“ Beugesehen, das Fohlen läuft auf den Zehenspitzen, zT berührt die Balle den Boden nicht)-auch hier muss der Boden möglichst tief und weich sein, damit es nicht die eh oft schon kurze Zehe noch stärker abreibt auf hartem Boden. In einem solchen Fall (im Gegensatz zur Durchtrittigkeit) darf nicht lange nach der Geburt gewartet werden - der Tierarzt kann mit Medikamenten eine bessere Dehnung der Beugesehnen begünstigen und mit Bewegung auf weichem Boden und zusätzlicher Physiotherapie (passives, sanftes Strecken der Beine wenn das Fohlen liegt) kann sehr oft eine Normalisierung erreicht werden. Schienenverbände sind extrem heikel, da damit die Muskeln und Sehnen stillgelegt werden und dürfen deshalb nur vom Tierarzt unter guter Abwägung von Nutzen und Risiken eingesetzt werden.
Achsenfehlstellungen, also X-Beine („Valgus“, siehe Foto) oder O-Beine („Varus“) können schon bei der Geburt (kongenitale Fehlstellung z.B. bei unreifen Fohlen mit ungenügender Verknöcherung zum Zeitpunkt der Geburt) oder aber im Laufe des Wachstums (entwicklungsbedingte Fehlstellung infolge Überbelastung, Trauma oder unausgewogene Ernährung) eintreten. Ursache dafür ist ein unterschiedliches Wachstum auf der Innen-und Aussenseite der Speiche (Radius, oberhalb des Vorderfusswurzelgelenks am Vorderbein) oder des Schienbeins (Tibia oberhalb des Sprunggelenks am Hinterbein). Dasselbe tritt manchmal auch im Bereich des Fessels auf.
Generell ist eine leichte zehenweite Stellung beim Fohlen aber normal (2.Foto) und es sollte keinesfalls versucht werden, mittels drastischen „Hufkorrekturen“ das Problem zu lösen - auch hier empfiehlt es sich, mit dem Tierarzt die beste Lösung zu besprechen.
Operation nötig? Die Vorstellung, ein „Baby“ schon einem chirurgischen Eingriff unterziehen zu müssen ist natürlich furchtbar, aber wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, dem Tier ein beschwerdefreies langes Leben zu ermöglichen, sollte nicht davor zurückgeschreckt werden, heutzutage verfügen wir zum Glück über sehr gute Narkose-und Operationsmethoden. Grundsätzlich gilt aber, dass bei einer Verbesserung einer Fehlstellung im Laufe der folgenden Wochen gewartet werden kann, wobei die Wartefrist abhängig davon ist, welcher Knochen betroffen ist, weil eine chirurgische Korrektur jeweils vor dem Verschluss der Wachstumsfugen des betroffenen Knochens durchgeführt werden muss: so hat man im Fall einer Valgusfehlstellung im Carpus (Vorderfusswurzelgelenk, Radius) bis 6 Monate Zeit, während im Fall einer Fehlstellung im Fesselgelenk mit 8 Wochen bereits die Wachstumsfugen schliessen, weshalb dort früher eingegriffen werden muss.

Achtung! Bei den gezeigten Fohlen handelt es sich um unterschiedliche Rassen. Da beim Warmblüter (rechts im Bild, mit Carpus-Valgus-Stellung) die Brust schmaler ist als beim Quarter Horse (die beiden Bilder links, normale Stellung), stehen Warmblutfohlen eher mal leicht X-beinig als die schon von klein weg sehr muskulösen Quarter mit ihrer breiteren Brust. Die Fotos sind zu illustratorischen Zwecken.