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24. Oktober 2021 -  Bluttransfusion beim Pferd


„Blut spenden rettet Leben“

 

In den vergangenen Wochen hatten wir 2 Patienten, die ohne eine Bluttransfusion ihre Grunderkrankung nicht überlebt hätten. In einem Fall eine Stute, die aufgrund einer schweren Verletzung am Bein über 30% ihres Blutvolumens verloren hatte und aufgrund der damit verbundenen Schwäche kollabierte. Im anderen Fall eine Stute, die nach einer Frühgeburt eine Blutung in die Gebärmutter entwickelte.    

Was muss man zu einer Bluttransfusion bei Pferden wissen:

 

1. Warum ist ein Blutverlust lebensbedrohlich? Bei einem Blutverlust sinkt mit dem Verlust der roten Blutkörperchen die Kapazität zur Sauerstoffaufnahme und deren Transport zu den Organen (bei einem Hämoglobingehalt von unter 2,5 g/dl kommt es zu Herzversagen). Da auch die Blutflüssigkeit (das Plasma) bei einer akuten Blutung nach aussen verloren geht, sinkt das Blutvolumen, was zusätzlich zu einer Minderdurchblutung der Organe führt. Zusätzlich gehen mit dem Blut auch die Gerinnungsfaktoren verloren, was die Blutstillung zusätzlich erschwert.

 

2. Wie äussert sich der Blutverlust? Durch die verminderte Sauerstoffversorung der Organe versucht der Körper, dies auszugleichen mit einer verstärkten Atmung (Erhöhung der Sauerstoffzufuhr zu den Lungen). Zusätzlich erhöht sich die Herzfrequenz, um die Durchblutung der Organe zu fördern. Die Schleimhäute (sichtbar an Maul, Augen und, bei Stuten, der Scheidenschleimhaut) werden blass (weiss). Je nach Schweregrad der Blutung kommt es zum Kollaps.

 

3. Wie sinnvoll ist eine Bluttransfusion? Die Bluttransfusion kann im akuten Stadium lebensrettend sein. Allerdings ist die „Lebensdauer“ der übertragenen roten Blutkörperchen kurz, nur circa 5 Tage. Das heisst, dass einerseits sichergestellt werden muss, dass die Blutung innerhalb nützlicher Frist gestillt werden kann und dass das Knochenmark des Patienten funktionstüchtig sein muss, da rasch wieder eigene rote Blutkörperchen gebildet werden müssen. Bei einer Vollbluttransfusion werden nicht nur die roten Blutkörperchen, sondern auch das Blutplasma, und, auch sehr wichtig; die Gerinnungsfaktoren übertragen. Bei einer starken Blutung sind oft die Gerinnungsfaktoren sehr stark reduziert und durch die Transfusion kann die Blutung eher zum Stillstand kommen.

 

4. Wie findet man den richtigen Spender , dh. einen mit derselben Blutgruppe? Pferde haben 7 Blutgruppen, und davon nochmals über 30 verschiedene Erythrozyten-Antigene! Es ist also, vor allem in den bei uns üblichen Notfallsituationen, nicht möglich, zuerst den Spender zu finden, der dieselbe Blutgruppe hat! Glücklicherweise sind anaphylaktische Reaktionen jedoch bei einer erstmaligen Transfusion selten. Als idealen Spender wählt man einen gesunden Wallach, da bei Wallachen die Chance geringer ist, Antikörper gegen das fremde Blut zu haben als bei einer Stute, die schon einmal geboren hat.

 

5. Wie viel Blut kann ein Spender geben? Bei einem gesunden 500 kg schweren Pferd können bis 10 Liter Blut entnommen werden. 

 

6. Wie viel Blut braucht unser Patient? Der Blutverlust kann mit Hilfe einer Formel (basierend auf dem Hämatokrit und dem Körpergewicht) abgeschätzt werden. In einem unserer Fälle war der Hämatokrit bei 10Volumenprozent (normal ist 30-40%). Diese Pferd hatte schätzungsweise 30 Liter Blut verloren! Für die Transfusion muss allerdings nicht der ganze Verlust ersetzt werden, sondern nur 30-40% davon, also circa 10 Liter. Oft reichen aufgrund unserer Erfahrung auch „nur“ 5 Liter, um den Patienten zu stabilisieren.

 

7. Worauf muss ich achten, wenn mein Pferd eine Transfusion bekommen hat? Wir notieren immer den Namen des Spenders, da der Patient innerhalb von 5-7 Tagen Antikörper gegen das Fremdblut entwickeln wird und wir deshalb keinesfalls nochmals denselben Spender nehmen sollten, falls eine weitere Transfusion nötig werden sollte. Die Antikörper bleiben ca 1 Jahr im Körper des Empfängers, danach sinken sie wieder ab. Sollte also das Pferd innerhalb dieser Zeit aus irgendeinem Grund dem Tierarzt vorgestellt werden, sollte dies unbedingt erwähnt werden. Dazu kann ein Eintrag im Equidenpass hilfreich sein.

 

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei unseren Spendern Nils und Legend und ihren hilfsbereiten Besitzerinnen bedanken! Wir (und auch die BesitzerInnen der Empfängerpferde) sind sehr glücklich, dass wir diese selbstlose Hilfe in Anspruch nehmen durften!